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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Wintzer, Richard: Die Grenzen zwischen Malerei und Musik
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Seligmann, Adalbert Franz: Kunst-Gedanken
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0170

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DIE GRENZEN ZWISCHEN MALEREI UND MUSIK

treulich abliest, was da schlummert und schläft und Gesetzmäßigkeit einer sittlichen Weltanschau

zu herrlichem Erwachen! Und wo das fest und ung durch den Glauben empfinden, so bringt
wahr beachtet wird ohne Seitwärtsschauen und uns die Kunst eben diese Gesetzmäßigkeit und

Sichverlieren in fremde Regionen, wird man einen Harmonie im Bereich der Sinnenwelt durch das

Verfall der beiden Künste nicht zu befürchten Gefühl zum Bewußtsein. So wohnt beiden nicht

haben, sondern wird jede sich selbständig ent- nur eine ähnliche, ethische Wirkung inne, auch

wickeln sehen können zum Heile der Künste ihre Quelle ist eine crememsame: das erhellt

selber und derer, die sie genießen wollen. schon daraus, daß beide zu Anfang stets vereint

erscheinen, daß alle Kunst ursprünglich im

KUNST-GFDANKEN Dienste der Religion gestanden ist.

Von A. F. Seligmann.*) Mit dem Talent in der Kunst ist es eigen.

Kunst und Religion haben mehr miteinander Es geht damit wie mit dem Geld zum Krieg-

gemein, als man auf den ersten Blick vermuten führen. Man braucht es erstens, zweitens und

möchte; ja man kann sagen, daß ihr Ursprung drittens — aber es muß auch richtig verwendet

wie ihr Zweck — auf verschiedenen Gebieten werden. Es ist Rohmaterial, das erst durch Be-

des Gefühlslebens — ganz parallel zu setzen ist. arbeitung seinen Wert erhält. Talent ohne

Läßt uns die Religion die höchste Harmonie Kunstverstand ist beinahe ebenso wenig; wie

„ , : , „ , T, . tr- Kunstverstand ohne Talent, und das ist

) Aus dem vortrefflichen Buch: „Kunst und Kunstler von

gestern und heute" von A. F. Seligmann (Verlag Karl Konegen), wenig genug.

worin der bekannte Wiener Künstler und Kritiker eine Reihe seiner n • a u „11 i ir l m 7 -4

Aufsätze über Probleme der Kunst gesammelt hat. D. Schriftl. Uewin geilt alle waiire Ivunst aus lirrer Z,eit

hervor, hängt mit dem Leben
und der Kultur ihrer Epoche
organisch zusammen; aber nur
wenn sie in einer dieser
Epoche entsprechenden Form
allgemein Giltiges, ewig
Menschliches bringt, wird sie
der Nachwelt noch Teilnahme
entlocken können. Niemand
aber ist ungeeigneter, die
Grenze zwischen der zeitge-
mäßen Einkleidung und dem
allgemein giltigen Inhalt zu
erkennen als die Mitwelt, die
hier immer verwechselt, ver-
wechseln muß, sowie jemand
durch rote Brillen nie erkennen
kann, ob ein Gegenstand in
Wahrheit rot o-efärbt ist. Ende
des achtzehnten Jahrhunderts
war die Mode klassisch. Die
Leute q-laubten Griechen zu

o

sein. Heute merken wir, daß
es Rokokomenschen waren . . .
Die vormärzlichen deutschen
Romantiker hielten Un°;ebun-
denheit, Schwärmerei für das
Charakteristikum ihres Zeit-
alters; heute sehen wir, daß es
vielmehr ein Zus; von Philister-
haftigkeit ist, der dieser Epoche
ein eigentümliches Cachet gibt.
Nur die allerbedeutendsten
Geister oder ganz aparte
Individualitäten vermochten
sich davon freizuhalten . . .

BAUER, EIN PFERD BÄNDIGEND. HOLZPLASTIK FILIP SAXER-BRIXEN |

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